Der alte Uhrmacher saß in seiner Werkstatt, umgeben vom leisen Ticken unzähliger Uhren. Seit Jahrzehnten reparierte er sie, aber diese eine war anders. Eine gewaltige Standuhr aus dunklem Holz, deren Pendel sich scheinbar lautlos bewegte. Niemand wusste, woher sie kam. Niemand erinnerte sich, sie je schlagen gehört zu haben.
Eines Abends, als er die Werkstatt abschließen wollte, vernahm er es: ein leises Flüstern. Zuerst glaubte er, es sei der Wind, doch die Stimme kam aus der Uhr. Er trat näher, legte eine zitternde Hand auf das Gehäuse.
„Hier spricht die Zeit und flüstert von Ewigkeit.“
Sein Herz schlug schneller. Die Worte klangen vertraut, als hätte er sie schon einmal gehört. Erinnerungen drängten sich auf – ein Kind, das in einer anderen Werkstatt spielte, ein Vater, der Uhren reparierte, eine Mutter, die lachte. Doch die Bilder waren alt, viel älter, als sie sein konnten.
Er sah sich um. Die Werkstatt war dieselbe, aber die Möbel waren jünger, die Luft klarer. Dann bemerkte er seine Hände – nicht mehr faltig und zitternd, sondern kräftig und jung. Er war zurückversetzt in seine Kindheit, an den Tag, an dem sein Vater verschwand.
„Papa?“ rief er.
Keine Antwort. Nur das Ticken der Uhr. Die Zeit hatte ihn zurückgeführt, aber nicht, um etwas zu ändern. Nur um zu zeigen, dass alles, was war, immer noch existierte – irgendwo zwischen den Schlägen der Uhren, zwischen den Momenten, die man vergaß.
Ein letztes Mal hörte er das Flüstern. Dann wurde alles still. Als am nächsten Morgen die Nachbarn in die Werkstatt traten, war die Uhrmacherbank leer. Nur die große Standuhr tickte leise weiter.